Wörterbuch der Theaterpädagogik (erschienen 2003)

Management

Es gibt kein spezifisches thp M. Alle wesentlichen Merkmale finden sich im allgemeinen Kultur-M. M-Fragen als Strukturfragen sind von den aktuell tätigen TheaterpädagogInnen erst relativ spät aufgegriffen worden. Sie haben in der Regel eine andere Logik als die künstlerische und/oder pädagogische Arbeit und werden oft als hinderlich in der praktischen künstlerischen Ausübung des Berufs gewertet. In thp Bildungsgängen wird thp M häufig vernachlässigt. Mit zunehmender Integration der ThP in die verschiedenen gesellschaftlichen Wirkungsfelder und mit der neuerlichen Etablierung des Berufsbildes der Theaterpädagogin/des Theaterpädagogen professionalisiert sich auch die Haltung der in der ThP tätigen Menschen im Hinblick auf thp M. Mund Organisationsfragen sowie juristisches und Verwaltungsdenken rücken stärker in das Blickfeld der ThP, etwa beispielhaft durch Berücksichtigung solcher Stichworte: Gesetzliche Verankerung des Berufs, berufliche Entwicklung, Ausbildung und Berufsabschlüsse, Anerkennung von unterschiedlichen Qualifikationssegmenten, Erweiterung des Qualifikationsprofils, tarifliche Einordnung, Sozialversicherung, Selbstständigmachen, politische Haltung, Netzwerke, institutionelle Arbeitsstrukturen, Fördermöglichkeiten, europäische Vernetzung (EU-Projekte), Finanzierungsmodelle und Notwendigkeiten des Qualitätsmanagements, Vorhalten von Angeboten der Kinder- und Jugendbildung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG § 11).

Die institutionellen Arbeitsstrukturen für TheaterpädagogInnen sind oft die von gemeinnützigen und eingetragenen Vereinen (e.V.). Weitere Formen der Trägerschaft: GmbH, gemeinnützige GmbH,  Gesellschaft des bürgerliches Rechts (GbR). Alle Formen der Institutionalisierung unterliegen unterschiedlichen steuerrechtlichen Bedingungen sowie verschiedenen Bestimmungen der finanziellen Haftung und Verantwortungsstrukturen. Um Zuschüsse aus den Jugendetats zu bekommen, ist die Anerkennung als Träger der Freien Jugendhilfe zu beantragen (nach § 75 KJHG).

Basiert die Institutionenstruktur auf einem Arbeitgeber-/Arbeitnehmer-Verhältnis, ist die Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft als Arbeitgeberversicherung gesetzlich vorgeschrieben.

Als Veranstalter kultureller Dienstleistungen und Aktivitäten hat eine Institution Abgaben (GEMA, Künstlersozialkasse) für künstlerische Leistungen zu zahlen (auch innerhalb der Kinder- und Jugendarbeit). Die Nichtbeachtung dieser Bedingungen kann teuer werden, da rückwirkende Prüfungsmöglichkeit besteht.

Die Versicherung für selbstständige TheaterpädagogInnen in der Künstlersozialkasse ist möglich, wenn der Lebensunterhalt überwiegend durch thp bzw. künstlerische Arbeit verdient wird.

Es gibt noch keine Absicherung durch Tarifverträge. An Theatern wird entsprechend den Tarifverträgen in der Regel nach NV-Solo bezahlt, bei sonstigen Einrichtungen entsprechend BAT oder per Haustarif zwischen BAT VI und IVa.

Finanzierungen thp Arbeit können in dreifacher Weise geschehen: (1.) Durch institutionelle Förderung über Gemeinden und Länder, in der Form der Teilfinanzierung über Betriebs- und Personalkostenzuschüsse. (2.) Projektkostenzuschüsse finanzieren in der Regel kein (fest-)angestelltes Personal, sondern nur HonorarmitarbeiterInnen. Die Nutzung von betriebseigenem Material (etwa Ton- und Lichttechnik) wird oft nicht vergütet, kann aber von Fall zu Fall als Eigenmittel gegengerechnet werden. Projektkostenzuschüsse können bei EU-, Bundes-, Landes- und kommunalen Institutionen, z. B. Kulturämtern, Jugendämtern, Schulämtern, beantragt werden – auch bei Stiftungen und Fonds. Aber: Jeder Geldgeber hat eigene Bedingungen zur Beantragung und Abrechnung der Zuschüsse; und manche Geldgeber schließen sich gegenseitig aus! Hier entsteht während der Beantragung und Abrechnung ein hoher Arbeitsund Zeitaufwand, der oft nicht vergütet wird. Einige Grundregeln der sog. kameralistischen (Verwaltungs-)Haushaltsführung sowie des betriebswirtschaftlichen Denkens müssen beherrscht und angewendet werden. Es gibt Software-Programme, die diese Arbeit erleichtern. (3.) Sponsoring als Finanzierungsquelle ist meist namentlich in der Suche nach Sponsoren sehr aufwändig. Sponsoring ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, das vertraglich fixiert wird. Eine Sponsoring-Anbahnung ist um so leichter, je näher, stärker die persönliche Beziehung zwischen Sponsor und Projekt, Institution bzw. MitarbeiterInnen ist. Spenden von Firmen etwa sind vom Sponsoring zu unterscheiden (Spendenbescheinigungen an gemeinnützige Vereinigungen sind für den Spender steuerabzugsfähig).

Eine nicht sehr häufig auftretende Möglichkeit, finanzielle Zuwendungen für Projekte bzw. die allgemeine Arbeit zu bekommen, kann darin liegen, aus den Bußgeld-Töpfen der Gerichte eine Mittel-Zuweisung zu erhalten. Man kann einen Antrag stellen, auf eine der Listen für potenzielle Empfänger bei den Gerichten eingetragen zu werden.

Zur Erleichterung des thp M ist es nützlich, sich an örtlichen, regionalen und überregionalen Netzwerken zu beteiligen. Netzwerk-Partner können sein: andere kulturelle Einrichtungen (Theater, Schulen, Bürgerzentren, Kulturhäuser, thp Zentren), Verbände der Wohlfahrtspflege, Dachorganisationen wie der Paritätische Wohlfahrtsverband (z. T. auch nützlich für Buchhaltung und Abrechnungen in steuerlicher Hinsicht), Bundesverband Theaterpädagogik e. V. (BuT), Landes- und Bundesarbeitsgemeinschaften, kirchliche Verbände. Die Mitgliedschaft in Dachverbänden ist für die Ermöglichung mancher Finanzierung notwendig (Antragstellung über Dachverband).

Für die Erstellung und/oder Nutzung von Gebäuden, in denen ThP stattfindet, sind zahlreiche Vorschriften (wegen der Haftung und des Schutzes vor Unfällen) zu beachten: Brandschutz, Schutz bei Elektroinstallationen (nach VDE), Lichtund Tontechnik (vgl. Keller), Unfallverhütungsvorschriften (über Berufsgenossenschaften), Offenhalten von Fluchtwegen, Nutzung und Sicherung von Getränkeabfüllanlagen, Maschinenbetrieb für den Bühnen- und Requisitenbau, Nutzung von Spezialfahrzeugen wie Bühnenwagen. Diese Vorschriften sind zusammengefasst in den Landesbauordnungen, Versammlungsstättenverordnungen usw. Besondere Vorschriften gelten bei der Nutzung von sog. ,Fliegenden Bauten‘ wie Theaterzelten. Berücksichtigung des Umweltschutzes bzw. Umweltmanagement etwa beim Theater Nürnberg (uwe_gedig@th.stadt.nuernberg.de) (vgl. Gramm) kommen hinzu.

Qualitäts-M wirkt innerbetrieblich und nach außen (etwa gegenüber Geldgebern). Es beschreibt (d.h. fixiert) gesicherte Kommunikations- und Entscheidungskreisläufe um das Qualitätsfeedback zu sichern. Das thp Angebot soll damit kundenfreundlicher gestaltet werden und Verbesserungen können sichtbar, messbar werden. Qualität soll gesichert und verstetigt werden. Hier besteht die Gefahr der Reduktion auf pure Zahlenwerke, statt zusätzlich qualitative Aussagen für einen ,Wirksamkeitsdialog‘ (vgl. Projektgruppe) zu machen, der Qualität sichern, entwickeln und verhandeln hilft. Aus Überlegungen und Ergebnissen des Qualitätsmanagements entstehen Bedarfsanmeldungen für die institutionelle und personale Qualifikationsprofil-Erweiterung (Fortbildung von MitarbeiterInnen, Ausdifferenzierung des Angebots in thp Einrichtungen). Qualitäts-M macht für die MitarbeiterInnen und Leistungen oft zusätzliche Arbeit und Kosten, der Erfolg ist jedoch im Verhältnis zum Aufwand oft zweifelhaft. Bei öffentlicher Finanzierung werden zunehmend Grundsätze des Qualitäts-M verlangt.

Das Kultur-Management umfasst alle Sparten des kulturellen bis sozialen Lebens (Sozial-Management). Es ist ein Netzwerkdenken und -handeln, das qualitative und quantitative Elemente integriert.

Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (Hg.): Schriftenreihe zum Kulturmanagement. Remscheid [erscheint unregelmäßig]; Gramm, Rolf: Götterdämmerung nur im Energiespar-Modus. In: Frankfurter Rundschau, 18. 6. 2002; Handbuch Kulturmanagement. Loseblattsammlung. Bonn [erscheint unregelmäßig]; Keller, Max: Faszination Licht. München 1999; Leitfaden Sponsoring und Eventmarketing. Loseblattsammlung. Bonn [erscheint unregelmäßig]; Projektgruppe WANJA (Hg.): Handbuch zum Wirksamkeitsdialog in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Münster 2000; Rahmenrichtlinien des Bundesverbandes Theaterpädagogik (BuT) [Bezug über BuT, Genterstr. 23, 50672 Köln]; Zacher, Joachim/Zacher, Michael: Soziale Sicherheit für Künstler und Publizisten. Das Handbuch zur Künstlersozialversicherung. Starnberg 2000.

UWE SCHÄFER-REMMELE

Arbeitsfelder  der  Theaterpädagogik  –  Fort- und Weiterbildung für LehrerInnen – Kulturelle Bildung – Unternehmenstheater  – Zielgruppe