Wörterbuch der Theaterpädagogik (erschienen 2003)

Bühnentechnik

Die B umfasst alle mechanischen Einrichtungen auf einem Theater, die zur Gestaltung des Bühnenbildes und der Erzeugung von szenischen Effekten notwendig sind. Dazu gehören die Bühnenmaschinerie, die die Veränderung der Szene durch Heben, Versenken, Drehen und Verschieben ermöglicht, Beleuchtungs-, Ton- und Pyrotechnik, aber auch die gesamten Sicherheitsanlagen eines Theaters.

Bereits in den antiken Amphitheatern Griechenlands gab es erste Einrichtungen der B. Dazu gehörten Vorhänge und bemalte Einsatz- und Drehwände zur Bühnendekoration, außerdem waren einzelne Spezialeffekte wie Blitz, Donner und Feuer, aber auch Versenkungen möglich und es gab Flugapparate. An den höfischen Theatern des 16. Jhs. entwickelte sich langsam ein komplexes Bühnenbild, das schließlich in der Kulissenbühne seine Vollendung fand, die bis ins 19. Jh. allgemein üblich war. Hierbei reihten sich vor einem bemalten Prospekt an der Bühnenhinterwand seitlich hintereinander versetzt angeordnete Bildflächen, die Kulissen. Nach oben wurde der Bühnenraum durch Bogen, Soffitten oder Plafonds begrenzt. Durch diese Anordnung wurde eine große Tiefenwirkung erreicht. In der Barockzeit war die Maschinentechnik in Deutschland hoch entwickelt, es gab zahlreiche Versenkungs- und Flugwerkeinrichtungen, die manuell bedient wurden; akustische Effekte waren beispielsweise mittels Donnerblechen und Windmaschinen möglich. Zusätzlich sorgten Öllampen und Kerzen für künstliches Licht.

Ende des 19. Jhs. entstand das Bedürfnis nach echten Bühnenaufbauten und plastischen Dekorationen. Der technische Fortschritt, etwa durch die Entwicklung der Hydraulik, konnte den komplexeren Bedürfnissen dieser Bühnenbilder gerecht werden, und so setzte sich allmählich die räumlich gestaltete Bühne gegenüber der Kulissenbühne durch. Seit etwa 1880 sind außerdem elektrische Bühnenbeleuchtungen in Gebrauch, die gegenüber der vorher benutzten Gasbeleuchtung eine wesentliche Verbesserung im Bereich der Sicherheit bedeuteten.

Die Bühnenmaschinerie ermöglicht den Aufbau bzw. das Verändern des Bühnenbilds. Man unterscheidet zwischen der Obermaschinerie für die hängenden Bühnenbildteile und der Untermaschinerie für die stehenden Dekorationsaufbauten.

Als Obermaschinerie bezeichnet man die technischen Einrichtungen im Bühnenraum über der Spielfläche. Oberhalb der Hauptbühne, im Bühnenturm, befindet sich der Schnürboden als begehbare Trägerrostkonstruktion. Von hier hängen die Seile der Hubeinrichtungen herab. Dazu zählen die Prospektzüge, die sich aus den Kulissenbühnen erhalten haben. An deren Laststangen, die normalerweise zur Bühnenlängsachse orientiert sind und die gesamte Bühnenbreite überspannen, sind die Prospekte und Vorhänge zum Absenken und Hochziehen aufgehängt. Die Züge werden über mehrere Drahtseile und Umlenkrollen geführt und zentral bedient. Ganz ähnlich funktionieren auch die Punktzüge mit einem einzelnen Lastaufhängepunkt.

Daneben finden sich in der Obermaschinerie auch Sondereinrichtungen, z. B. Flugapparate und das Schienensystem für den Rundhorizont zur Begrenzung des Bühnenraums. Der Bühnenturm dient außerdem häufig als Magazin zur Lagerung von hängenden Bühnenbildelementen.

Im Bereich des Proszeniums befindet sich die Portalanlage mit der Beleuchterbrücke und den seitlichen Beleuchtertürmen. Außerdem sind hier unterschiedliche Vorhänge eingebaut, zu denen die Spiel-, Schmuck- und Schallvorhänge gehören, aber auch der eiserne Vorhang zum Brandschutz.

Die Einrichtungen der Unterbühne sind von Theater zu Theater sehr unterschiedlich. Mit der unterhalb des Bühnenniveaus liegenden Ebene werden Auftritte von unten bzw. Abgänge nach unten durch Öffnungen im Bühnenboden möglich. Es existieren im Wesentlichen drei Arten von Unterbühnenkonstruktionen: Hubpodien, Bühnenwagen und Drehbühnen. Bei der Hubpodienkonstruktion ist der Bühnenboden in betretbare Elemente aufgeteilt, die unabhängig voneinander nach oben gehoben und in den Unterbühnenraum abgesenkt werden können. Daher werden Hubpodien auch als Versenkeinrichtungen bezeichnet. Durch Wegschieben einer Holztafel können kleine Versenkungen geöffnet werden, die vor allem für Personenversenkungen benutzt werden. Auch der Orchestergraben setzt sich üblicherweise aus verschiedenen  Hubpodien zusammen.

Bühnenwagen kommen beim Schiebebühnensystem zum Einsatz. Die Bühnendekorationen werden hier auf rollbaren Plattformen bewegt. Man unterscheidet zwischen Seitenbühnenwagen, die als Längsfahrer Fahrbewegungen zwischen der Haupt- und Seitenbühne zulassen, und den Hinterbühnenwagen, die als Querfahrer von vorne nach hinten bewegt werden können.

Der Hinterbühnenwagen verfügt häufig über eine Drehscheibe, die sich als szenischer Effekt auf offener Bühne  drehen kann.

Die Drehbühne wurde erstmals 1896 von Karl Lautenschläger verwendet. Da auf der Drehscheibe zwei bis drei Bühnenbilder Platz finden, bietet sie eine sehr einfache Möglichkeit zur Verwandlung des Bühnenbildes. Durch das Drehen der Bühne können dem Publikum die verschiedenen Bühnenbilder gezeigt werden, es ermöglicht aber auch eine Einrichtung des Bühnenbildes mit plastischen Gegenständen, das im Verlauf des Stückes bei Bedarf verschiedene Positionen einnimmt oder aber von einem Schauspieler durchlaufen werden kann.

Die Antriebe der bühnentechnischen Anlagen funktionieren heute überwiegend auf elektrischer und hydraulischer Basis. Die Bedienung erfolgt über Fahrhebel an zentralen Steuerpulten, die über verschiedene Zuordnungen sowohl manuell, als auch – zur Handhabung komplexer Bewegungsabläufe – computergesteuert einsetzbar sind.

Die verschiedenen Bühnensysteme lassen sich je nach Raumbedingungen, finanziellen Möglichkeiten und den Anforderungen des Spielplans kombinieren. Ein modernes Guckkasten-Repertoiretheater verfügt üblicherweise über die Kombination einer Schiebebühne mit verschiedenen (Drehscheiben-)Bühnenwagen und mehreren Hubpodien im Bereich der Hauptbühne. Auf eine Stahlkonstruktion im Unterbühnenbereich werden als Bühnenboden dauerhafte Holzbohlen verlegt.

Die immer weiter entwickelte B erfordert auch eine komplexe Sicherheitstechnik, die Teil der B ist. Sie dient dem Schutz sowohl des Bühnenpersonals und der Darsteller, als auch der Zuschauer.

Die beschriebene bühnentechnische Ausstattung findet sich vor allem an den großen Theaterhäusern. Die alternativen Spielplätze der freien Theater müssen aufgrund der finanziellen Ausstattung meist mit sehr beschränkter B auskommen. Das eröffnet aber gleichzeitig die Möglichkeit zu einer Raumnutzung, die variabel an jedes Stück angepasst werden kann. Es gibt keinen festgelegten Bühnen- und Zuschauerraum, und so kann der Raum innerhalb eines szenischen Gesamtkonzepts gestaltet werden. Der Schwerpunkt der bühnentechnischen Ausstattung liegt bei diesen Theatern daher vor allem auf mobilen Elementen. Dazu gehören Zuschauertribünen, Bühnenelemente, Gerüste für Bühnenaufbauten und einfache Aufhängevorrichtungen für Prospekte, Vorhänge und Beleuchtungskörper. Die Gestaltungsmöglichkeiten des Lichts bekommen in diesen sehr beschränkten Voraussetzungen ein besonderes Gewicht. Außerdem findet häufig eine Verlagerung der technischen Einrichtung auf die Bühne statt, so dass z. B. ein DJ als Teil der Inszenierung sichtbar auf der Bühne agiert. Die von technischen Begebenheiten weitgehend unabhängigen Möglichkeiten der Raumnutzung machen den Reiz dieser Spielstätten aus.

Grösel, Bruno: Bühnentechnik. Mechanische Einrichtungen. München 1995; Hansing, Friedrich/Unruh, Walter: Hilfsbuch der Bühnentechnik. Halle/Saale 1950; Mehlin, Urs: Die Fachsprache des Theaters. Eine Untersuchung zur Terminologie der Bühnentechnik, Schauspielkunst und Theaterorganisation. Düsseldorf 1969; Unruh, Walter: ABC der Theatertechnik. Sachwörterbuch. Halle  1950.

MONIKA HELFER / MARKUS LOCHTHOFEN

Bühnenbild – Inszenierung –  Theater als öffentliche Institution – Theaterhistoriographie